Submitted Abstract
Die ›Europäische Kulturhauptstadt‹ gilt innerhalb der EU als Prunkstück europäischer Kulturpolitik und den Stadtverantwortlichen als symbolträchtige Prestigeveranstaltung von marketingstrategisch und ökonomisch hoher Relevanz. Fragen der Interkulturalität und Integration sind dabei, folgt man zumindest den offiziellen Verlautbarungen und Programmankündigungen, nicht in den Hintergrund gerückt, sondern haben eher noch an Bedeutung zugenommen. Die Wahl der Kulturhauptstädte des Jahres 2010 hat diesen Trend noch zusätzlich unterstrichen: Mit dem Ruhrgebiet ist eine Region Träger des Titels geworden, die als größter Ballungsraum Europas seit Generationen durch Arbeitsmigration geprägt ist, während Istanbul aufgrund der interkontinentalen Lage zwischen Asien und Europa und als Metropole im Spannungsfeld von politischer Säkularisierung und religiöser Bindung eine interkulturell exponierte Bedeutung einnimmt. Kaum jemals zuvor in der Geschichte der ›Kulturhauptstadt Europas‹ spielten interkulturelle Bezüge eine solch zentrale Rolle wie in der aktuellen Umsetzung dieser Initiative – mit Ausnahme der Jahre 1995 und 2007, als mit Luxemburg eine Stadt und Großregion ausgezeichnet wurde, die den Komplex von Interkulturalität, Multilingualität, Migration und Grenzgängerschaft ausdrücklich ins Zentrum ihrer Aktivitäten stellte. Aus diesen Gründen bietet sich ein Vergleich zwischen den drei Kulturhauptstädten Luxemburg und der Großregion, dem Ruhrgebiet und Istanbul unter besonderer Berücksichtigung der Interkulturalitätsperspektive an. Ein besonderer Vorzug dieser Konstellation liegt darin, dass Interkulturalität nicht nur als ein innerstädtisches oder intraregionales, sondern auch als ein Phänomen zwischen den Städten bzw. zwischen den Kulturen verhandelt wird.In seiner vergleichenden Perspektive liefert der Sammelband „Verortungen der Interkulturalität“ Aufschlüsse über gesellschaftliche, räumliche, kulturelle und ästhetische Strategien und Aporien, Konstruktionen und Perspektiven im Umgang mit dem Phänomen der Interkulturalität auf der Ebene der Kulturhauptstädte Europas und erweitert damit den Kenntnisstand über Anspruch und Wirklichkeit des Identitätsfindungs- und Integrationsprozesses in Europa.