Name, Ding, Referenzen

SCHEME: RESCOM

CALL: 2011

DOMAIN:

FIRST NAME: Georg

LAST NAME: Mein

INDUSTRY PARTNERSHIP / PPP: No

INDUSTRY / PPP PARTNER:

HOST INSTITUTION: University of Luxembourg

KEYWORDS:

START:

END:

WEBSITE: https://www.uni.lu

Submitted Abstract

Name, Ding. ReferenzenDie Vorstellung einer adamitischen Namensprache (Gen 2, 19ff.), in der Wort und Ding sich auf magische Weise nahe sind oder sogar ineinanderfallen, zieht sich u¨ber Jahrhunderte durch Literatur und Sprachtheorie. Paracelsus zufolge hat »Gott, der oberste Skribent, jedem Ding ein Schellen und Zeichen angehängt«. Laurence Sternes Walter Shandy glaubt, »gute oder böse Namen« u¨bten eine wunderbare oder fatale »Zauberkraft« aus. Und Walter Benjamin meint, die »Unmittelbarkeit« der Sprache – »ihre Magie« – sei »das Grundproblem der Sprachtheorie«: als wären alle Worte Zauberspru¨che, deren Macht in Vergessenheit geraten ist.Anders Semiotik und Kulturtheorie der 1970er und 1980er Jahre: Sie kennen keine auratisch-magische Referenz: Worte und Dinge sollen nicht unmittelbar, ja nicht einmal mittelbar, sondern gar nicht mehr »urspru¨nglich« oder »natu¨rlich« verbunden sein. Die »Selbstreferentialität« der modernen Literatur ist im Gefolge dieser epistemologischen Verschiebung ein Topos. Zeichen kreisen nur um sich selbst. Jean Baudrillard spricht von »Simulakren« und einem »Zeitalter der Simulation, in dem alle Referenten liquidiert sind«.Zwei Extrem-Pole oder Grenzwerte der Referenz lassen sich ausmachen, zwischen denen sich alle Zeichen-Theorien verorten mu¨ssen: auf der einen Seite die buchstäblich absolute Selbstreferenz, in der sich das Lacanianische »Reale« dem Symbolischen entzieht, auf der anderen die magisch-unmittelbare Weltreferenz, in der Dinge und Worte oder Bedeutungen einander eineindeutig zugeordnet sind und wie in der adamitischen Namensprache beru¨hren.Strikt Zeichen-logisch gesehen sind beide Grenzwerte absurd, weil in ihnen das Zeichen verschwindet, das sich ja gerade u¨ber einen mittelbaren Weltbezug definiert. Von der Schlegelschen Idee einer »progressiven Universalpoesie« als Doppelbewegung von unendlicher Begegnung und Verfehlung zugleich bis hin zu Derridas grammatologischer Zeichen-Kritik zeigt sich: Die semiotisch-referentielle Fundierung des Zeichens ist bru¨chig.Im Moment, scheint es, schwingt das Pendel in der Theorie weg von der Selbstreferenz und wieder hin zur Weltreferenz, um sich »Diesseits der Hermeneutik« endlich von »jenem Trauma eines Verlusts der konkreten Welt« zu befreien, das Hans Ulrich Gumbrecht zufolge die Sinn-fixierten Geisteswissenschaften »seit Wilhelm Dilthey wie ein dunkler Schatten begleitet hatte«.

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