Arbeiterexistenzen und Arbeiterbewegung in den Hüttenstädten Neunkirchen/Saar und Düdelingen/Luxemburg (1880-1935/40)

SCHEME: RESCOM

CALL: 2013

DOMAIN: SC - Societal Challenges

FIRST NAME: Sonja

LAST NAME: Kmec

INDUSTRY PARTNERSHIP / PPP: No

INDUSTRY / PPP PARTNER:

HOST INSTITUTION: University of Luxembourg

KEYWORDS:

START:

END:

WEBSITE: https://www.uni.lu

Submitted Abstract

Fabian Trinkaus‘ Studie analysiert berufliche und private Lebenswelten und die Möglichkeiten gesellschaftlicher, insbesondere politischer Partizipation von Eisenhüttenarbeitern im ausgehenden 19. und den ersten vier Jahrzehnten des 19. Jh. in vergleichender Perspektive anhand der Hüttenstandorte Neunkirchen (Saar) in Deutschland und Düdelingen in Luxemburg. Am Beispiel dieser beiden Industriestädte fragt sie nach Bestimmungsfaktoren und Formen gesellschaftl. Partizipation, nach der Ausprägung eines eigenen Typus „Eisenhüttenarbeiter“ und den Folgen der besonderen Lebens- und Arbeitsbedingungen dieser Arbeiter für die Entwicklung der örtlichen Arbeiterorganisationen, nach den Auswirkungen politischer Umbrüche und insbesondere des Ersten Weltkriegs auf die Entwicklung der Arbeiterorganisationen, nach Belegschaftsstruktur und typischen Kooperations- und Disziplinierungsformen. Weiter untersucht sie das unternehmerische Handeln und die Beziehungen zwischen Unternehmern und Arbeitern. Methodisch nimmt Trinkaus den Faden der inzwischen klassisch gewordenen Arbeiterhistoriographie wieder auf. Darüber hinaus verbindet der Autor verschiedene Untersuchungsebenen und verwendet auch Ansätze der Nachbardisziplinen, die inzwischen in die Geschichtswissenschaft integriert wurden, insbesondere Pierre Bourdieus Konzeptionen Sozialer Räume und Lebensstile. Um seine Forschungsfragen zu beantworten hat der Autor umfangreiche, zum Teil schwer zugängliche Quellenkorpora ausgewertet.Der Autor kann zeigen, dass in dem deutschen Untersuchungsbeispiel die Binnenmigration die Hauptrolle spielte, während in Düdelingen darüber hinaus eine starke Fernimmigration zu verzeichnen ist. Dabei macht er die hohe Bedeutung des Bezugs der Arbeiter zu den ländlichen Lebenswelten deutlich, aus denen sie stammten und zu denen sich nach Möglichkeit weiter Fühlung hielten. Deutlich wird auch das Phänomen sozialer Segregation der Wohngegenden mit klar abgegrenzten Quartieren einfacher, auch ausländischer und höher qualifizierter Arbeiter. Für Düdelingen kann Trinkaus die Hypothese widerlegen, dass die ländliche Bevölkerung Luxemburgs davor zurück scheute, in den neuen Industrien zu arbeiten, die luxemburgischen Arbeitskräfte bildeten gegenüber den Migranten immer die Mehrheit der Hüttenarbeiter in Düdelingen.Trinkaus zeigt, dass die betriebliche Sozialpolitik vor allem betriebswirtschaftlich motiviert war und insbesondere die Stammbelegschaften von den werkseigenen Gesundheitssystemen profitierten – mit der Folge einer weiteren sozialen Ausdifferenzierung der Arbeiterschaft im Sinne einer Elitenbildung unter den Arbeitern, die ihre Abhängigkeit vom Unternehmen stärkte.Der Autor kann zeigen, dass der Erste Weltkrieg eine grundlegende Wende herbeiführte. Vor allem aufgrund der Glaubwürdigkeitskrise der alten Eliten konnte die Arbeiterbewegung verstärkt offen agitieren und wurde zum Kooperationspartner der Verwaltungen, in der Revolution sogar kurzfristig – so in Neukirchen – zu deren Träger. Während des Krieges und in der Zwischenkriegszeit erfuhr die politische und gewerkschaftliche Organisation ihren institutionellen Durchbruch, spaltete sich aber auch in christliche, sozialistische und kommunistische und nationalsoz. Richtungen.Die Ergebnisse der Studie Fabian Trinkaus´ sind vielfältig wegweisend für die künftige Forschung. Mit Industriearbeitern und Migranten behandelt sie gleich zwei Untersuchungsgruppen der PARTIZIP-Projekte. In geschickt gewählter, teilweise kontrastiv vergleichender Perspektive zeigt sich die Inklusions- und Exklusionswirkungen der Nationsbildungsprozesse an beiden Standorten auf, aber auch das Gewicht sozialer Ungleichheit bei der Einschränkung politischer & kultureller Partizipation. Der vorliegenden Arbeit verdankt die Forschung aber auch tiefere Einsichten in die Gegenstrategien und Organisationsbedingungen der männlichen wie weiblichen Teile der Industriearbeiterschaft.

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